Beschwerde wegen Verletzung der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg im Gemeinsamen Ausschuss der Doppelstadt Frankfurt (Oder) – Słubice am 11.06.2025
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
in meiner Funktion als Fraktionsvorsitzende der Fraktion Die Linke in der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt (Oder) wende ich mich mit einer formellen Beschwerde an Sie. Anlass ist der Verstoß gegen die Brandenburger Kommunalverfassung (und die Geschäftsordnung unserer Stadtverordnetenversammlung) im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Feststellung der Tagesordnung im Gemeinsamen Ausschuss der Doppelstadt am 11.06.2025.
Konkret geht es um die Streichung eines Tagesordnungspunktes, der die Anfrage meiner Fraktionskollegin und sachkundigen Einwohnerin Tabea Wittneben-Fidan mit dem Titel „Humanitäre Situation von in der Doppelstadt Frankfurt (Oder)/Słubice gestrandeten Migrant*innen infolge von Zurückweisungen“ (25/AFR/0354) betraf. Der Antrag auf Streichung stellt aus meiner Sicht einen klaren Verstoß gegen § 35 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit § 44 Absatz 9 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg dar. Nach diesen Bestimmungen hätte die Streichung des TOPs nur mit ausdrücklicher Zustimmung der anfragestellenden Person erfolgen dürfen. Diese Zustimmung lag nicht vor.
Ich erwarte namens meiner Fraktion von Ihnen eine öffentliche Stellungnahme in der nächsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung. Mir ist bewusst, dass es zwischenzeitlich einige Gespräche mit und Rückfragen an meine Fraktionskollegin seitens einzelner Verwaltungsmitarbeitenden (bspw. aus dem Büro16) gegeben hat. Meiner Auffassung nach sollten Sie in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag für alle Kolleginnen und Kollegen die Rechtslage erläutern und klarstellen.
Darüber hinaus fordere ich, dass Sie als Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung geeignete Maßnahmen ergreifen, um sämtliche Ausschussvorsitzenden über die einschlägigen Bestimmungen der Kommunalverfassung und der Geschäftsordnung unserer Stadtverordnetenversammlung umfassend zu unterrichten. Rechtsverstöße dieser Art dürfen sich nicht wiederholen.
In unserer Stadt, im politischen Diskurs, darf und soll es Meinungsverschiedenheiten geben – das ist ganz normal und wichtig für die Demokratie. Wir alle gemeinsam müssen dafür Sorge tragen, dass gewählten Stadtverordneten oder benannten sachkundigen Einwohnerinnen und Einwohnern ihre gesetzlich garantierten Rechte wahrnehmen und nutzen können. Hierzu gehört ausdrücklich das Recht, Anfragen an die Verwaltung zu stellen. Ihnen als Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung kommt bei der Durch- und Umsetzung dieser Rechte eine besondere Verantwortung zu.
Gerade weil Themen wie Flucht, Asyl, Grenzkontrollen und die Zurückweisung von Migrantinnen und Migranten in unserer Stadtgesellschaft intensiv und emotional diskutiert werden, ist es umso wichtiger, dass auch in den Ausschüssen Raum für diese unterschiedlichen Meinungen bleibt – offen, fair und im Rahmen der geltenden Rechte.
Ich bitte um Ihre zeitnahe Rückmeldung und setze Sie darüber in Kenntnis, dass dieses Schreiben parallel auch lokalen Pressevertretungen zur Verfügung gestellt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Sandra Seifert
Fraktionsvorsitzende der Linken in der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt (Oder)