Warum gemeinnützige Tätigkeiten für Asylbewerber kein Mittel für Frankfurt sind
Martin Patzelt fordert eine sachliche und konstruktive Diskussion. Diese Einladung möchten wir annehmen und die Debatte mit einigen Zahlen und Fakten fortführen.
(Siehe MOZ-Artikel (MOZ+) vom 12. Mai 2025 )
Von wie vielen Personen reden wir, über die sich die Debatte um gemeinnützige Tätigkeiten dreht?
Die Debatte um gemeinnützige Tätigkeiten dreht sich um eine sehr kleine Personenanzahl. In Frankfurt erhalten 101 Personen Asylbewerberleistungen (Stand: März 2025). Zieht man Kinder, Personen in Ausbildung oder im Freiwilligendienst sowie Menschen über der Regelaltersgrenze ab, bleiben lediglich 36 Personen übrig, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu gemeinnützigen Tätigkeiten herangezogen werden könnten.
Wie hoch sind die Kosten, um diese 36 Personen in gemeinnützige Tätigkeiten einzubinden?
Laut Schätzung der Verwaltung entstehen bei einem Umfang von 20 Stunden pro Woche jährliche Kosten von rund 200.000 Euro. Diese setzen sich zusammen aus:
- Regiekosten: Anleitung, Organisation und Material,
- Aufwandsentschädigung: 0,80 Cent pro Stunde,
- Verwaltungskosten: Bescheiderstellung, Abrechnung, Auszahlung,
- Kosten bei Rechtsstreitigkeiten über Zuweisungsentscheidungen und/oder Sanktionsmaßnahmen.
Rechnet man den Personenkreis auf die Einwohnerzahl Frankfurts (57.000) um, zeigt sich: Martin Patzelt, CDU und FDP fordern eine äußerst aufwendige Maßnahme von 200.000 Euro, von der aber lediglich 0,06 Prozent der Bevölkerung betroffen sind!
Finanzielle Situation der Stadt
Zur Erinnerung: Ende April legte die Stadtverwaltung einen Haushaltsentwurf mit einem Fehlbetrag von 6,15 Millionen Euro vor. Angesichts dieser Lage ist es schlicht unverantwortlich, 200.000 Euro für eine Maßnahme einzuplanen, die nur einen Promilleanteil der Bevölkerung betrifft und vom Integrationsbeirat aus guten Gründen kritisiert wurde.
Welche Logik hat es dann, einerseits die Fehlbeträge im Sozialbereich zu bemängeln, wie von einigen Stimmen der CDU-Fraktion zu vernehmen war, andererseits aber eine genuin freiwillige Aufgabe wie die Schaffung von gemeinnütziger Tätigkeiten für 36 Asylbewerber mit 200.000 Euro aus städtischen Mitteln zu finanzieren? Diese Tätigkeiten werden seit 2020 nicht mehr durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert.
Träger können nicht verpflichtet werden
Ein weiterer Aspekt wird oft übersehen: Seit 2021 hat kein freier Träger gemeinnützige Tätigkeiten für Asylbewerber angeboten oder angefordert. Auch wenn Asylbewerber durch Bescheid zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden können, gibt es keine Pflicht für Träger, solche Tätigkeiten anzubieten. Die Forderungen von Herrn Patzelt, CDU und FDP bleiben also wirkungslos, weil keine Träger bereit ist, diese Aufgaben aus Kostengründen zu übernehmen.
Der Fokus sollte auf reguläre Beschäftigung liegen
In der Diskussion werden Begriffe häufig unsauber verwendet. Gemeinnützige Tätigkeiten betreffen laut Gesetz ausschließlich Asylbewerber, die in der Regel keine reguläre, sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnehmen dürfen. Anders ist die Lage bei den statusgewechselten Flüchtlingen: Zum Beispiel können geduldete oder anerkannte Flüchtlinge ggf. unter behördlichen Auflagen reguläre Beschäftigungsverhältnisse aufnehmen.
Die Integration in den Arbeitsmarkt hängt daher weniger von gemeinnützigen Tätigkeiten ab, sondern vielmehr von der schnellen Ausstellung von Aufenthaltstiteln und Arbeitserlaubnissen durch die Behörden!
Fazit
Gesellschaftliche Integration gelingt durch reguläre Beschäftigung für Menschen mit Bleibeperspektive, nicht durch verpflichtende gemeinnützige Tätigkeiten für Asylbewerber. Wenn die Stadt 200.000 Euro im Haushalt zur Verfügung hätte (!), sollte dieses Geld in die Förderung geduldeter oder anerkannter Geflüchteter gehen, um diese in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen. Dann zahlen diese Personen auch in die Sozialversicherungen und Rentenkasse ein.
Sandra Seifert
Fraktionsvorsitzende Die Linke
Frankfurt (Oder)
Stefan Kunath
Stadtverordneter
Anja Kreisel
Kreisvorsitzende Die Linke Frankfurt (Oder)
Hinweis: Die Zahlen in der Erklärung beziehen sich auf die Antwort zur Anfrage 25-AFR-0274 des Stadtverordneten Stefan Kunath in der Stadtverordnetenversammlung vom März 2025.